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Pressespiegel

Der Luchs als Videostar

aus: ÖKOJAGD, Magazin des Ökologischen Jagdverbandes, Februar 2006

Etliche Hessen haben sie schon mit eigenen Augen gesehen - im Ringgau, im Spessart, im Lahntal und im Vogelsberg - die große Katze mit den Pinselohren. Ende der neunziger Jahre zum ersten Mal . Und seither immer wieder. Naturschützer fanden ihre Fährte, Jäger und Förster dokumentierten eindeutige Risse. Doch Zweifler in grünen Lodenmänteln amüsierten sich weiterhin über das "Wunschdenken einiger Luchsfanatiker" und deren "hysterischen Aktionismus". Nun hat der Luchs dem Amüsement ein Ende gesetzt: er lief höchstpersönlich durch eine Überwachungskamera.

Das Video-Debüt fand Ende September im Lahntal bei Marburg statt. Die kleine Überwachungskamera sollte eigentlich die Einfahrt eines Anwesens im Außenbereich sichern und hatte in der Vergangenheit bereits andere nachtaktive Tiere auf die Festplatte gebannt: Iltis und Fuchs, Marder, Maus und Igel.
Der Luchs lief ganze sechs Sekunden durch den Kamerabereich. Nachts gegen halb Drei. In gemäßigter Gangart. Die hellen Scheinwerfer der Einfahrt störten ihn ganz und gar nicht. Er war aus einem angrenzenden Waldgebiet herausgewechselt und querte nun die Freifläche zu einem schmalen Auwaldgürtel entlang der Lahn. Das kurze Video kann man sich hier ansehen: www.luchs-in-hessen.de

Hessens erster Video-Luchs korrespondiert mit etlichen Sichtungen und Fährten in den umliegenden Landkreisen. Im Frühjahr 2005 ging dort ein liebeshungriger Luchs einem Anwohner so auf die Nerven, dass er den Störenfried mit seinem Diktaphon aufnahm. Eindeutig ein rufender Luchs, der ebenfalls auf dieser Website "abgehört" werden kann. Diese Internet-Seite ist das derzeit wichtigste Kommunikationsmittel des Arbeitskreises "Hessenluchs", der, 2004 vom ÖJV Hessen und dem BUND ins Leben gerufen, mittlerweile alle wichtigen Naturschutzorganisationen des Landes zusammengeführt hat. Umweltministerium, Forschungsinstitut Senckenberg, Hessen-Forst und Landesjagdverband kooperieren mit dem AK und schicken regelmäßig ihre Vertreter zu den Arbeitstreffen. Ziel des Arbeitskreises ist eine allgemeine Akzeptanz der eingewanderten Luchse. Neben Informationsveranstaltungen verschiedenster Art geht es derzeit vor allem um die Sammlung aller relevanten Luchsmeldungen im Land. Man geht davon aus, dass ein allgemeines Wissen der Bürger über den Luchs und seine belegte Existenz im Umfeld des eigenen Wohnorts den besten Schutz vor öffentlicher "Raubtier-Panik" und "Abschüssen in Notwehr" bietet. In diesem Jahr soll es erstmals gemeinsame Informationsveranstaltungen von AK Hessenluchs und Landesjagdverband geben - vornehmlich dort, wo Luchse und Jäger bereits gemeinsam jagen.

Ein erstes Resultat der bisherigen Öffentlichkeitsarbeit ist offenbar auch die erstaunliche Häufung von Sichtungsmeldungen und Rissfunden in den letzten beiden Jahren. Möglicherweise gab es die auch schon früher, sie wurden aber anders interpretiert: wenn vor Jahren jemand ein rehgroßes Tier in eine Dickung springen sah, das aber eindeutig weder Bock noch Ricke war, dann hätte sich der Beobachter damals damit abgefunden, wohl einen großen Golden Retriever oder Irish Setter beim Wildern gesehen zu haben. Mittlerweile denkt man aber schon eher darüber nach, ob der vermeintliche Köter womöglich Stummelschwanz und Pinselohren hatte. Mit den Rissen scheint das ähnlich zu sein. Vordem kamen nur wildernde Hunde in Betracht – was soll es denn sonst gewesen sein? Inzwischen informiert man sich schon mal über die typischen Spuren, die ein Luchs an der Beute hinterlässt. So konnte Ende November das Vorkommen der großen Katze im Vogelsberg erstmals handfest belegt werden: ein Rehkitz mit Kehlbiss, Bluterguss nur an der Bissstelle und von den Keulen her angeschnitten. 3 Sichtungen der vergangenen Jahre rückten nun in ein ganz anderes Licht, wurden plötzlich ernst genommen. Mitte Dezember suchte dann ein Pinselohr ein Damwild-Gatter im Spessart heim. Auch hier meldete sich der Besitzer und die Beute konnte dokumentiert werden. Eine erneute Bestätigung der Sichtungen und Rissfunde aus den neunziger Jahren. Es gibt ihn also immer noch im Spessart - den Luchs. Und womöglich mehr als einen: im Juni 2005 hatte dort ein erfahrener Jäger (46JJ) einen erwachsenen Luchs vor sich, der auf seinen Ansitz zulief und dann absprang. Im Feldstecher war das Tier eindeutig zu erkennen. Wenig später folgte der großen Katze ein Jungtier. Sie haben es also getan. Von einsamen Vagabunden kann keine Rede mehr sein. Zumindest nicht im hessischen Spessart.

Gerd Bauer / ÖJV Hessen / Arbeitsgruppe Luchs
[aus: ÖKOJAGD, Magazin des Ökologischen Jagdverbandes, Februar 2006]

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